Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verstößt also gegen die russische Verfassung und kann somit in Russland nicht anerkannt und vollstreckt werden. Die Entscheidung ist endgültig und kann nicht angefochten werden.
Nach der Entscheidung des EuGH muss Russland
den Aktionären einen Schadenersatz i.H.v. 1 866 104 634 Euro und der
Gesellschaft i.H.v. 1 299 324 198 Euro dafür zahlen.
Die Steuerbehörde hat die YUKOS-AO eine
Steuernachzahlung zzgl. Gebühren und Strafen für Steuerjahr 2000 und 2001
insgesamt auf 566 780 436 Euro veranlagt und vollstreckt, obwohl die
Drei-Jahres-Frist verjährt war.
Nach Art. 113 Abs. 1 des russischen Steuergesetzes
(in der damaligen Fassung) ist die Haftung wegen Steuerhinterziehung
nach drei Jahren - ohne Wenn und Aber - verjährt. Die Hemmung der Verjährung im
Steuergesetzbuch war damals noch nicht vorgesehen, sowie auch die
unterschiedlichen Verjährungsfristen für Steuerschulden.
Das Verjährungshemmung-Problem
Problematisch ist in dem Fall, dass in dem Zeitpunkt
der Entscheidung der Steuerbehörde über die Steuernachzahlung die
Drei-Jahres-Frist verjährt wurde. Allerdings wurden die Ermittlungen
fristgerecht angefangen und der Steuerschuldner systematisch und absichtlich
der Lauf der Ermittlungen gestört hat. Diese Tatsache wurde von allen Gerichten
und auch vom Europäischen Gerichtshof festgestellt.
Das russische Verfassungsgericht hat die
Verfassungsmässigkeit des Art. 113 SteuerG Russlands noch im Jahre 2005
bestätigt mit dem Hinweis für den Gesetzgeber, dass er die Hemmung der Verjährung
im Steuerrecht gesetzlich regeln muss.
Das Verfassungsgericht sowie in der
Entscheidung im Jahre 2005 als auch in der neuen Entscheidung hat angenommen,
dass die Störung der Ermittlungen zur Bösgläubigkeit des Steuerschuldners und schließlich
zur Hemmung der Verjährungsfrist geführt hat. Unter anderen muss seiner Ansicht
nach ein bösgläubiger Steuerschuldner nicht besser gestellt werden als ein
gutgläubiger Steuerschuldner.
Die Entscheidung vom 2005 wurde von einem beteiligten
Verfassungsrichter in seiner besonderen Meinung scharf angegriffen. Die gesetzlich
nicht vorgesehenen Begriffe wie „Bösgläubigkeit“ oder „Störung der Ermittlungen“
sind seiner Meinung nach bedenklich und somit wird das gesamte Rechtsinstitut
der Verjährung von Fristen in Frage gestellt (sehr lesenswerte Stellungnahme).